Freunde und Förderer des pflegeleichten Gartens denken bei Moosen gleich an "Fugenkratzer", "Vertikutierer" oder "Kärcher", in Kombination mit "reduzieren", "auskratzen", "vernichten". Ein dichter, gleichmäßig akkurat geschnittener und grüner Rasen, Pflanzen der gewünschten Art in dafür vorgesehenen Rabatten und saubere Steine - so hat ein Garten auszusehen! Doch wohin das Auge schaut quillt es moosig grün aus den Fugen, sparriges Kranzmoos verdrängt das Gras und selbst Dachrinnen wie Ziegel werden nicht von Moosbewuchs verschont. Nützlich erscheinen Moose einzig für die Ausstaffierung der Weihnachtskrippe, Blumengestecke oder andere Basteleien, denn essbar sind sie nicht. 

Vertikutierer, Gouache, April 22

sperriges Kranzmoos in der Wiese, Gouache, April 22

Gouache und Trickfilm Frühjahr 22

Wenn nun das Moos schon so üppig im Garten wächst darf doch die Frage erlaubt sein, warum sich Schnecken nicht dafür interessieren? Salat hat ja nun auch nicht gerade einen hohen Brennwert! Im Laufe ihrer langen gemeinsamen Geschichte auf unserem Planeten entwickelten Moose chemische Abwehrstoffe gegen Fressfeinde, die Oxylipide. Vielleicht kann man sich diese Stoffe zunutze machen, um den Schnecken den Appetit auf Salat zu verderben?  

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Bauplan eines Laubmooses
Moose sind sehr urtümliche Pflanzen und haben sich vor etwa 450 Millionen Jahren aus Grünalgen entwickelt. Ein Moos begegnet uns selten allein, sondern erscheint gleich als ganzes Kissen aus vielen kleinen Pflänzchen, einem Miniwald aus dichten Bäumen ähnlich. Doch die Gemeinsamkeiten mit dem Bauplan eines Baumes sind tatsächlich sehr gering. 
Ein Moospflänzchen aus einem Moospolster eines Laubmooses besteht aus kleinen Blättchen, die um ein „Stämmchen“ angeordnet sind. Es besitzt keine Wurzeln, sondern Rhizoide, die für die Verankerung des Mooses auf dem Untergrund sorgen, aber kein Wasser aufsaugen können. Das erfolgt über die Oberfläche der sehr feinen Blättchen, die meist nur aus einer Zelllage bestehen. Auch fehlen leitende Gefäße gänzlich oder sind ganz anders gebaut als bei einem Baum. Erst die evolutionäre Erfindung des Stoffes Lignin erlaubt es anderen Pflanzen, stärker in die Höhe zu wachsen. Steht Wasser zur Verfügung, kann das Moospolster dieses speichern und bietet damit Lebensgrundlage für weitere Organismen, die im Moospolster leben wie Algen, Bakterien, Pilzen, Flechten und eine Vielzahl an kleinen Tieren.

Laubmooskissen mit Sporophyten, Bleistift 22

Vielfalt der Moose
Gibt man den Moosen eine Chance und widmet ihnen einen näheren Blick, eröffnet sich eine Welt filigraner Schönheit und Vielfalt. Allein in Deutschland sind mindestens eintausend verschiedene Moosarten beheimatet, 700 davon in Wäldern. Der Bochumer Botanische Verein pflegt eine beachtenswerte Internetseite mit Pflanzenporträts, auch zu einheimischen Moosen.

Tuscheskizze, Wuchsform Moos 1 nach Straßburger, 22

Tuscheskizze, Wuchsform Moos 1 nach Straßburger, 22

Lebermoos aus Tuschefleck I, Tusche und Bleistift, 22

Lebermoos aus Tuschefleck II, Tusche und Bleistift, 22

Lange habe ich nach Polytricha polymorpha, dem Brunnenlebermoos, Ausschau gehalten. Vielleicht habe ich nicht an den richtigen Stellen geschaut, denn hier im Rheinland konnte ich es nirgends entdecken. Schließlich wurde ich im Sommerurlaub in Kärnten fündig! Es wächst in Steinritzen am Bach, wo es ständig von Wasserspritzern feucht gehalten wird.

Kryptobiose
Eine besondere Stärke vieler Moose besteht darin, völliges Austrocken auch längerfristig zu überstehen. Sinkt der Feuchtigkeitsgehalt, schränken die Pflanzen ihre Stoffwechselaktivität ein und stellen alle Lebensfunktionen auf Pause, was man auch als Kryptobiose oder Anabiose bezeichnet. Ist dann wieder Wasser verfügbar, quellen sie auf und erwachen selbst nach langer Zeit zu neuem Leben, wobei ihnen Frost nichts anhaben kann. Zwar sind Moose in ihrer Größe begrenzt, aber sie vermögen als Pioniere unwirtliche Standorte zu erobern. Das oben gezeigte Brunnenlebermoos hat diese Fähigkeit  offensichtlich nicht.

Sparriges Kranzmoos unter dem Mikroskop 1, Bleistift und Aquarell, 22

Sparriges Kranzmoos unter dem Mikroskop 2, Bleistift und Aquarell, 22

Bärtierchen / tartigrade, Bleistift im Skizzenbuch, September 21. 

Im Dickicht feuchter Moospolster tummeln sich mikroskopisch kleine Bärtierchen. Während sie sich mit ihren Krallen an den Moospflänzchen festkrallen, saugen sie mit der kreisrunden Mundöffnung an Algenzellen oder snacken beispielsweise Nematoden. Ebenso wie die Moose selbst sind Bärtierchen Übenslebenskünster und stehen in einem Zustand völlig reduzierten Stoffwechsels Trockenphasen durch. Zu einem sogenannten Tönnchen zusammengeschrumpft warten Sie, bis wieder Wasser zur Verfügung steht, strecken ihre acht Stummelbeinchen aus der sackartigen Gestalt und tapsen weiter durch den Flüssigkeitsfilm.

Torfmoos, Mischtechnik, 22. 

Nicht nur im Ökosystem Wald haben Moose eine große Bedeutung. Die globale Zerstörung von Mooren, die durch Torfmoose gebildet werden und selbst einzigartige Lebensräume sind, setzt Mengen von darin gespeichertem Kohlenstoffdioxid frei und treibt damit die Erderwärmung mit an.

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